Im Harz kann man ganz legal hüllenlos wandern – eigentlich…
„Deutschlands ältester Nacktwanderweg“ rühmt er sich, der Harzer Naturistenstieg. Er soll etwa 13 Kilometer lang sein, andere Angaben belaufen sich auf 18 Kilometer. Auf mehreren Internetseiten ist er beschrieben. Er verläuft im Tal der Wipper im Südharz, der nächste Ort ist Wippra. Also die Wandersachen eingepackt und los! Das Nacktwandern ist zunächst vorteilhaft beim Packen: außer Socken und Wanderschuhen benötigt man ja nichts! In den Rucksack kommen Proviant, Sonnencreme und Wasser, und los geht es. Der Ort Wippra ist ein verschlafener Ort am Rande des Harz, immerhin gibt es einen Supermarkt. Orte der Umgebung tragen so lustige Namen wie Popperode, Stangerode, Saurasen und Rammelburg.
Von Wippra sollen es 6 Kilometer zum Beginn des ominösen Pfades sein. Offensichtlich will man den berühmten Weg aber geheimhalten, im ganzen Ort findet sich kein einziger Hinweis auf den Nacktwanderweg.
Eine Einheimische weist dann auf einen Feldweg, der zur Staumauer der Talsperre Wippra führt. Von dort soll der Weg starten. Leider ist der Feldweg wegen Bauarbeiten gesperrt, es heißt also jetzt, sich durch den Wald schlagen. An der Staumauer steht tatsächlich ein Hinweisschild: „Naturistenstieg 500 Meter“. Und dazu der Satz: „Willst du keine Nackten sehn, darfst du hier nicht weiter gehen!“ Nach 500 Metern folgt dann allerdings: nichts. Nur eine einzige kahle Fläche, auf der großflächig Bäume abgeholzt wurden. Vor zwei Jahren gab es einen starken Sturm, der große Teile des Waldes umpflügte. Durch die Dürresommer der vergangenen Jahre war außerdem der Borkenkäfer aktiv, der den Bäumen dieser Region den Rest gab. So sieht es jetzt hier aus wie nach einem großen Kahlschlag, überall ragen Baumstümpfe in die Luft, vereinzelt stehen noch Baumleichen ohne Blätter herum. Große Bagger waren hier unterwegs, um das Totholz zu bergen. Deswegen sind die Wege tief durchpflügt und kaum noch begehbar.
Das Forstamt ließ sogar Schilder mit Warnhinweisen anbringen, dass Wandern hier lebensgefährlich sei. Kranke Bäume könnten jederzeit umkippen und Wanderer erschlagen. Wir wagen uns trotzdem vorwärts und treffen sogar ein Wanderpärchen, die uns von einem „wilden Weg“ berichten. Schilder, die den Naturistenstieg ausweisen, finden sich allerdings nicht mehr. Nach einem halben Kilometer summt es auf einmal. Rechts und links des Weges stehen Dutzende von Bienenstöcken, zum Teil sogar mehrere übereinander. Ein Manhattan der Bienen! Als Nackedei ist es allerdings nicht sehr praktisch, hier hindurchzuspazieren. In unserer Gruppe schwelt der Gedanke, dass der Nacktwanderweg als Konzept nicht sehr ausgereift ist. Der Erfinder des Nacktwanderweges ist der Inhaber des Campingplatzes in Dankerode, etwa 5 Kilometer von der Talsperre entfernt. 2009 wurde der Weg angelegt, damals wurden angeblich extra die Brennesseln und Dornen beseitigt, damit Nacktwanderer bequem laufen können. Allerdings tat sich der Campingplatzchef mit dem Weg keinen Gefallen: weil zu viele Nacktwanderer durch den Campingplatz liefen, kündigten viele Stammgäste, und der Chef zog sich aus dem Projekt zurück.
Preisgünstige Übernachtungsgelegenheiten gibt es in den umliegenden Dörfern zuhauf, und im benachbarten Grillenberg sogar ein schönes Waldschwimmbad. Auf die Unbilden des „Nacktwanderweges“ angesprochen, reagierten weder die Bürgermeisterin Sangerhausen, noch der Harzer Tourismusverband. Auf der Internetseite von Sangerhausen wird der Naturistenstieg immer noch ohne Vorbehalt angepriesen.
Ich bin regelmäßig auf dem Naturistenstieg unterwegs, stimme euch über den Zustand zu, möchte aber folgende Ergänzungen einbringen. Von Königerode aus ist die Zufahrt zum Naturistenstieg (zum anderen Ende) möglich. Der Stieg wurde vor ein paar Jahren um einen 10 km langen Rundweg erweitert. Diese Erweiterungsstrecke ist in ganz ordentlichem Zustand und ist auch mit dem „gelben N“ gekennzeichnet
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Wir sind Teile des Wegs vor 2 Tagen gegangen und uns war nicht mal bewusst , dass es ein Naturistenstieg ist. Schlechte Verfassung nach Windbruch und Borkenkäfer, Warnhinweis (haben wie so noch nie gesehen) hat eher amüsiert. Im Wald kann immer ein Ast fallen… Weg zum Teil voll verwildert, weil kaum begangen, aber schön. Keinerlei Hinweis in Wippra. War uns jetzt egal, da wir Touren mit gpx planen, fiel im Nachgang aber auf. Ist uns im Südostharz schon oft aufgefallen, viele kleine Pfade verschwinden, weil kaum begangen, und kaum Wanderer… weil keine Eigenwerbung… Leute, kommts in den den Harz Laufen… #trailrunning
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Ich habe vor Ende Mai oder Anfang Juni 2022 eine Zustandserkundung auf dem Naturistenstieg im Harz zu machen. Dabei will ich das ganze mit Fotos dokumentieren und anschließend neu kartographieren. Macht wer mit?
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Wir sind am Pfingstmontag 2022 auf dem Harzer Naturistenstieg unterwegs gewesen und waren sehr enttäuscht.
Der Parkplatz an der Wippertalsperre ist ziemlich abseits gelegen, so dass die An-/Abfahrt schon sehr zeitaufwändig ist. Der Startpunkt des Weges ist dann zwar relativ gut zu finden, obwohl das Hinweisschild am Parkplatz Talsperre und am Startpunkt relativ unscheinbar ist.
Die Wege sind (wie schon von anderen beschrieben) streckenweise immer noch sehr stark zerfurcht, schlecht begehbar, mit umgefallenen Bäumen versperrt und teilweise auch überhaupt nicht auffindbar. Ein schöner Wanderweg ist das wirklich nicht. Vom hohen Gras, Brennnesseln, vielen Fliegen, Zeckengefahr usw. will ich hier gar nicht weiter reden.
Die antiquierte Karte ist kaum zu gebrauchen, da sich Wege teilweise geändert haben. Die Beschilderung ist teils ok, an vielen Stellen (an denen es erforderlich wäre) aber überhaupt nicht vorhanden. Die angenagelten, laminierten Hinweisschilder sind zwar grundsätzlich lobenswert, werden aber voraussichtlich über kurz oder lang wieder abhandenkommen. Hier wären mehr auf die Bäume gesprühte bzw. gemalte gelbe „N’s“ sinnvoller. Es mag ja sein, dass Wanderer mit GPS und Wegpunkten hier gut zurechtkommen, aber das kann doch nicht für den „Normalwanderer“ gelten. Wir haben uns jedenfalls nach der Armbrusterbrücke ziemlich verlaufen. Nachdem wir es dann doch noch bis zur Verbindung zum Erweiterungsteil des Weges geschafft haben, waren wir ziemlich genervt und sind umgedreht, weil wir auch hier keine klare Wegkennzeichnung vorgefunden haben.
Die Abschnitte entlang des Stausees oder über den Heidkopf waren ja noch ganz schön, aber insgesamt kommt einem der Weg sehr vernachlässigt vor. Der Streckenverlauf führt ja auch weitestgehend ganz offensichtlich nicht über einigermaßen begehbare Wege, sondern abseits durch verwaiste Pfade oder durchs Gestrüpp. Man hat irgendwie das Gefühl, unbedingt von anderen (textilen) Wanderern und deren normalen Wanderwegen ferngehalten zu werden. Trotz guten Wetters (über 20 Grad, teils sonnig-bewölkt) hatten wir so gut wie keine anderen Nacktwanderer getroffen. Das (Nackt)Wandern macht hier keinen Spaß und wird der einstigen Resonanz in den Medien und den Blog-Beiträgen seit Projektbeginn 2010 überhaupt nicht mehr gerecht.
Ohne eine klare Wegkennzeichnung und eine Karte mit dem aktuellen Streckenverlauf kann von einem „offiziellem“ Nacktwanderweg kann hier überhaupt keine Rede mehr sein. Sehr schade!
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Kann nur voll und ganz zustimmen. Allerdings bin ich gerade dabei eine neue Karte zu erstellen, bzw. zu aktualisieren. Fertigstellung voraussichtlich noch im Juli. Ich werde diese dann auf meiner Homepage zum Abruf bereitstellen.
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ob sich die lange Anfahrt lohnt ? man kann
sich auch am Mönchsteich b/ Königerode
ein stiiles Plätzchen suchen und von dort
aus die recht einsamen Forstwege begehen .
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