Zur „Stadtkirmes“ in Mühlhausen lud mich die „Welterberegion Wartburg Hainich“ ein. Klingt spannend, ich stellte mir eine nostalgische Kirmes in einem mittelalterlichen Dorf vor. Es sollte anders kommen, doch der Reihe nach. Erster Programmpunkt: eine Führung durch die Wartburg. Auch für Kenner von deutschen Burgen ist die Wartburg immer noch etwas besonderes. Natürlich fragten in Luthers ehemaligen Schreibzimmer alle nach dem berühmt-berüchtigten Tintenfleck. Der ist nicht mehr da, von vielen Putzfrauen im Laufe der Geschichte weggeschrubbt. Oder so. Hier ein Foto vom fehlenden Tintenfleck:
Passend zum Thema kann man danach im Eisenacher Hof essen und trinken, wie man es zu Luthers Zeiten tat. Das heisst: Wein aus dem Trinkhorn. Eigentlich sollten die Hörner von Wisenten sein, auf Nachfrage an den Kellner meinte dieser jedoch, dass man die Hörner aus Afrika beziehe. Das Essen dazu – tennisballgroße Thüringer Knödel, Rotkraut und eine eher durchschnittliche Entenkeule, wäre eher nichts für den „Feinschmecker“, für den ich früher schrieb.
Solche Schilder finden sich im verträumten Kurort Bad Langensalza. Um den Besuchern etwas Besonderes zu bieten, hat man sich hier die sogenannte Kellerführung einfallen lassen. Dabei werden die Besucher durch leerstehende Kellergewölbe aus Backstein geführt, was aber auch nicht besonders prickelnd ist. Zum Abschluss wird man mit einem Kellerbier entschädigt. In der Pension Erika, geführt von einer rustikalen Dame namens Erika, war gerade Gartenrenovierung angesagt. Die selbstgemachten Marmeladen und Kuchen sind aber trotzdem ERSTE SAHNE!
Natürlich muss man in Thüringen auch mal ein Bratwürstchen mit Senf aus Bautzen essen. Solche langen Dinger wie hier im „Brauhaus zum Löwen“ in Mühlhausen konnte ich aber unmöglich alleine schaffen. Im Brauhaus zum Löwen übernachtete ich auch, und weil es eben ein echtes Brauhaus ist, zog mir zum Frühstück schon der Duft des frisch angesetzten Bieres in die Nase. Der Braumeister erklärte mir dann, was gerade im Sud ist. Die Kirmes entpuppte sich übrigens als stadtweites Nachbarschaftsfest, bei dem jede Straße ein Festzelt mit Musik und Getränken bestückte, samt üppiger Dekoration. Auf dem eigentlichen Kirmesplatz war dagegen nur ein kleiner, moderner Rummel aufgebaut. Das Städtchen selbst ist bezaubernd, und noch mehr, wenn man mit einer Einheimischen durch die Gassen spaziert und Anekdoten aus vergangenen Zeiten hört. Kaum zu glauben, dass in den Endzeiten der DDR der Plan existierte, die gesamte Altstadt niederzureißen und das gesamte Areal mit Plattenbauten zu bestücken! Somit war der Mauerfall auch ein Glücksfall für die deutsche Architekturgeschichte. Mittlerweile sind die einst maroden Fachwerkhäuser fast zu 100% wieder denkmalgerecht saniert.
In Bad Langensalza habe ich dann noch diese historische DDR-Mülltonne gefunden, die ich in Ost-Berlin für mein Buch „Berlin: Wo es die DDR noch gibt“ vergebens gesucht hatte. Als Abschluss dann im Nationalpark Hainich der Baumkronenpfad, wobei ich gestehen muss, dass ich kein Fan von Baumkronenpfaden bin. Ich spaziere lieber barfuß durch den herbstlichen Blätterwald! Genossen habe ich das „Waldkino“, das aus Liegestühlen bestand, von denen aus man auf das natürliche Blätterdach der Bäume schauen konnte.
Noch zwei Fotos aus der Wartburg:
Ich danke Nancy Krug von der Tourist Information Mühlhausen für die Einladung zur Bloggerreise!